Alternativen

„Nachfolgend wollen wir einen kurzen Blick auf die möglichen Alternativen werfen:

  • „Grünes“ Wachstum
  • das bedingungslose Grundeinkommen
  • Share Economy
  • Postwachstumsökonomie

1) Grünes“ Wachstum

Was bedeutet „Grünes“ Wachstum? – Das wirtschaftliche Wachstum soll (– in der Theorie zumindest – Anm. des Autors) durch Technologieinnovationen von Stoff- und Energieströmen entkoppelt und damit nachhaltiger gestaltet werden.

„Aus einem effizienteren Umgang mit Ressourcen ergeben sich auch neue Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Grundlagen einer größeren Effizienz sind innovatives Design, leistungsfähigere und langlebigere Produkte und bessere Produktionsverfahren, zukunftsorientierte Geschäftsmodelle und technische Fortschritte, durch die Abfälle zu Ressourcen werden. Höhere Recyclingziele und die Überarbeitung bestehender Richtlinien im Abfallbereich sollen Impulse für einen grundlegenden Umbau von einer Linear- zu einer Kreislaufwirtschaft geben. In einer Kreislaufwirtschaft sind Wiederverwenden, Reparieren und Recyceln der Normalfall – Abfall wäre damit die Ausnahme.“ (aus EU-Kommission-Bericht: „Weg für grünes Wachstum und Ressourceneffizienz“ – http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/12517_de.htm)

Die Kritiker der Green Economy Idee kritisieren, dass

  • a) auch dieses Modell von einem permanenten Wachstum ausgeht
  • b) unberücksichtigt bleibt, dass Ressourcen (selbst die nachwachsenden) erwiesenermaßen nur begrenzt verfügbar sind
  • c) durch sogenannte Rebound-Effekte keine ausreichende Verbesserung der ökologischen Situation erzielt werden kann.

Sie gehen davon aus, dass es keine Lösungen gibt, die das Bruttonationaleinkommen (früher Bruttosozialprodukt) steigern und gleichzeitig die Umwelt entlasten sowie den Ressourcenverbrauch mindern. Dies scheint insbesondere wenn man sich die sogenannten Reboundeffekte ansieht auch nachvollziehbar.

Reboundeffekte

Was ist der Rebound-Effekt? Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen erfordert einen effizienten Einsatz von Energie, Rohstoffen und Wasser. Durch die Steigerung der Effizienz können Produkte oder Dienstleistungen mit weniger Ressourcenverbrauch geschaffen werden. Oft sind damit auch Kosteneinsparungen verbunden. Diese haben wiederum Rückwirkungen auf das Kaufverhalten und den Gebrauch der Produkte.

Ein einfaches Beispiel: Wenn Pkw durch Effizienzsteigerungen günstiger werden, dann fällt beim nächsten Kauf die Entscheidung eventuell zugunsten des größeren Modells aus. Ein sparsamer Pkw verursacht geringere Treibstoffkosten pro gefahrenem Kilometer. Das wirkt sich zumeist auf das Fahrverhalten aus: Wege werden häufiger mit dem Pkw zurückgelegt, längere Strecken gefahren und öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad dafür weniger genutzt. Oder: Der leicht defekte, stromfressende Röhren-Fernseher wird entsorgt. Da der LED-Flachbild-Fernseher nur noch die Hälfte an Strom braucht (und auch preislich recht günstig ist) kann man nun guten Gewissens gleich noch einen für’s Gästezimmer kaufen. Hier sorgt der Reboundeffekt für eine Täuschung im Doppelpack. Addiert man die Standby-Verluste des Zweitgerätes dazu verbraucht man jetzt sogar mehr Strom als vorher. Und da das Zweitgerät ja ebenfalls einen erheblichen Ressourcenverbrauch mitsichbringt, ist auch hier die Gesamtbilanz negativ.

2) Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) als Schlüssel zu einem moderaten Übergang?

Die Botschaften zur Zukunft der Wirtschaft und insbesondere der Arbeitswelt kommen aus dem Silicon Valley.  Einer der führenden Köpfe der Singularity University – Prof. Neil Jacobstein – fordert das bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Seine Begründung lässt keinen Deutungsspielraum:

„Künstliche Intelligenz (, als Hochform der Automatisierung, Anm. des Autors) ist rund um die Uhr verfügbar, wird nie krank, braucht keinen Urlaub und jammert nicht.“ Nur ein neuer Sozialpakt – in Form eines bedingungslosen Grundeinkommens – könne die zu erwartenden sozialen Verwerfungen ausgleichen.

Nach der zunächst verheißungsvollen Öffnung und Globalisierung der Wirtschaft und des Finanzwesens erleben wir nun bereits seit einigen Jahren eine ‚globale Ernüchterung‘.

Der Wandel zum Schlechteren folgt erkennbaren Mustern:

  • Der schuldengetriebene Kapitalismus erzeugt gefährliche finanzielle, ökonomische und soziale Verwerfungen.
  • Ungleichgewichte und Spannungen schlagen sich politisch nieder. Im Westen schaffen sie den Nährboden für populistische Politiker und nationalistische Strömungen. In Schwellenländern verleiten sie autoritäre Männer dazu, noch unmenschlicher zu regieren.

Hier könnte die Einführung des BGE einen moderaten Übergang zu einem alternativen Wirtschaftsystem sowie die Begründung eines zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrages ermöglichen.

Für ein Grundeinkommen sprechen viele Argumente:

  • größere Unabhängigkeit bei der Suche nach einem Erwerbseinkommen,
  • größere Verteilungsgerechtigkeit,
  • Flexibilität des Arbeitsmarktes,
  • größere Effizienz des Sozialstaates,
  • Wahrung der Würde aller Menschen und die Beseitigung von Stigmatisierungen vor allem bei den gegenwärtig Erwerbslosen und Sozialhilfebeziehern,
  • Humanisierung der Arbeit,
  • Förderung der Bildung,
  • Stärkung der Familien,
  • Förderung von Existenzgründungen wie auch von ehrenamtlichen Tätigkeiten,
  • Förderung von Kreativitätspotenzialen

und vieles mehr.

Das meist vorgebrachte Contra-Argument, das BGE sei nicht finanzierbar, hat der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Prof. Straubhaar eindrucksvoll widerlegt. (siehe Brandeins 3/2017 : https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2017/fortschritt/wie-ueberlebt-der-sozialstaat-die-digitalisierung)

3) Share Economy

Der Begriff Share Economy wurde von dem Harvard-Ökonomen Martin Weitzman geprägt und besagt im Kern, dass sich der Wohlstand für alle erhöht, je mehr unter allen Marktteilnehmern geteilt wird (Quelle wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/Share_Economy). Grundsätzlich ist das Prinzip: leihen statt kaufen, nutzen statt besitzen, so oft möglich teilen und tauschen positiv zu bewerten. Kleinteilig gelebt und weiterentwickelt könnte hier ein wichtiger Beitrag zur Ressourcenschonung erfolgen.

Doch wie sieht die Wirklichkeit der Share Economy im Turbokapitalismus des 21. Jahrhundert aus? Diese berechtigte Fragen stellen die Autoren des hervorragend recherchierten Beitrages von Jasmin Klofta & Tina Soliman // für die ARD Wissenschaftssendung – PANORAMA.* („Schöne neue Welt: Der Preis des Teilens“   https://www.youtube.com/watch?v=B3poKCLfrvk –  sehr empfehlenswert!)

Die Kritiker der Share Economy Idee geben zu bedenken, dass die Ursprungsidee der kleinteiligen, regionalen Share Economy durch die großen Share Economy-Unternehmen völlig konterkariert wurden. Insbesondere da diese Geschäftsmodelle ein agressives, permanentes Wachstum anstreben. Hier müsse der Begriff ´Teilen´ als Deckmäntelchen für ein agressives Profitkalkül herhalten.

Uber geht es nicht um möglichst effiziente Fahrzeugnutzung und/oder Umweltschutz. Hier werden Privatpersonen animiert sich ein Auto zu kaufen, um sich anschließend zu von Uber diktierten Bedingungen ausbeuten zu lassen. Das agressive  Airbnb-Geschäftsmodell hat dazu geführt, dass alleine in Berlin 10.000 Wohnungen nicht mehr dem freien Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen, weil es schlicht profitabler ist, selbige über  Airbnb (in Tagesvermietungen) anzubieten. Wer sich auf den „Sharing“-Plattformen registriert, der will mit seinem Besitz, sei es mit dem eigenen Auto oder der Immobilie, schlicht nur eines: Geld verdienen. Dass es bei der Share Economy um nichts anderes als knallhartes Profitstreben geht, zeigt sich am deutlichsten wenn man sich die Eigentümerstrukturen von Uber und Airbnb ansieht. Hauptanteilseigner sind hier: Google und Goldman Sachs. Für die Gründer von Uber und Airbnb bedeutet der Begriff ´share´ das ´Teilen von Milliardengewinnen durch 4 (Vorstände)´.

4) „Postwachstumsökonomie“

Bei der Postwachstumsökonomie geht es um einen kulturellen Wandel hin zu maßvollen Versorgungs- und Wirtschaftsstrukturen. Diese kennzeichnen sich durch weniger Konsum, einem gewissen Maß an Selbstversorgung (Stichworte Suffizienz und Subsistenz) und Regionalisierung (im Bereich Handel und sonstige Dienstleistungen) aus. Verbraucher werden immer mehr zu Produzenten. Experten sprechen hier von Prosumenten. Eine Postwachstumsgesellschaft würde vor allem nur das verbrauchen was jeweils (im Bedarfszyklus) nachwachsen kann. Geschlossene Kreisläufe (in den Bereichen: Produktion, Müll, etc.) treten an die Stelle offener (Verschwendungs-)Systeme. Benötigte Energie wird regenerativ erzeugt.

Schon heute existiert eine kleine Gruppe von Menschen, die für sich das Lebensmotto: „Weniger ist mehr“ realisieren will. Die Wissenschaft hat selbige bereits als sogenannte Lovos (Lifestyle of voluntary simplicity) identifiziert. Diese Gruppe empfindet Verzicht als Zugewinn an Lebensqualität.

Durch diesen Kulturwandel vom “Wollen” zum “Brauchen” entstehen auch neue Modelle des zivilgesellschaftlichen Engagements und Miteinander. Die frei gewordene Zeit (weniger Arbeit, weniger Shopping, etc.) schafft Raum für soziales und/oder produktives Agieren.

Für den Ökonom Nico Paech bezeichnet Postwachstumsökonomie ein Wirtschaftssystem, das zur Versorgung des menschlichen Bedarfs nicht auf Wirtschaftswachstum angewiesen ist, sondern sich durch Wachstumsrücknahme auszeichnet. Er sieht die Notwendigkeit für eine solche Wirtschaftsordnung in der gescheiterten Entkopplung der Umweltschäden und des Rohstoffverbrauchs von der Wertschöpfung; in den Erkenntnissen der Glücksforschung zum nicht weiter durch Konsum oder Einkommen zu steigernden Wohlbefinden und in ökonomischen Grenzen wie z. B. dem globalen Ölfördermaximum.

Sein Ansatz basiert auf den fünf Prinzipien: institutionelle Innovationen, stoffliche Nullsummenspiele, Regionalökonomie, Subsistenz und Suffizienz. Er geht davon aus, dass per se keine nachhaltigen Produkte und Technologien, sondern nur nachhaltige Lebensstile existieren.[Quelle: wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/Niko_Paech#Postwachstums.C3.B6konomie]

Wortgewaltiger und direkter argumentiert der französische Wachstumskritiker Serge Latouche. Er plädiert nachdrücklich für einen politischen und wirtschaftlichen Mix aus Schrumpfung und Regionalisierung sowie die Übertragung aller echten Kosten auf die Verursacher „ökologischer und sozialer Funktionsstörungen“, die Unternehmen. (siehe dazu auch sein Buch „Es reicht! Abrechnung mit dem Wachstumswahn“)

Andere Verfechter der Postwachstumsökonomie setzen den Hauptakzent auf die Frage der Gleichheit zwischen Arm und Reich, Nord und Süd, Mensch und Natur. Als Teil einer großen kulturellen Transformation fordert Alberto Acosta eine Vision, die den Aberglauben an das Wirtschaftswachstum überwindet und die Entkommerzialisierung der Natur und der Allgemeingüter, einschließlich der Arbeit, vorantreibt.


Viele glauben, dass der bedeutendste und wichtigste Postwachstumsforscher der Welt aus Asien kommt. Gemeint ist hier Chandran Nair.

Nair ist Leiter der Denkfabrik ,,Global Institute for Tomorrow“ in Hongkong und definiert die ´neue Ökonomie´ wie folgt: „Nahrungssicherheit. Wasser und Hygiene. Eine ordentliche Wohnung. Gesundheit. Und natürlich Bildung. Diese Menschenrechte. Sie für alle Menschen zu schaffen, das ist die Grundlage.“ Und führt weiter aus:

„Die 200 Jahre westlicher Dominanz beruhen auf dem Geschäftsmodell, die Ressourcen in der ganzen Welt zum Spottpreis zu bekommen.“ „Das bisherige Geschäftsmodell ist: so billig wie möglich an so viele wie möglich zu verkaufen. Aber um das zu tun, muss man die Kosten auf die Allgemeinheit verlagern – und die Welt ruinieren.“

Seine Forderungen an das zukünftige Geschäftsmodell sind klar beschrieben:

„Wenn ich in den USA sage, ein Auto sei kein Menschenrecht, bin ich dort eine Art Taliban. Aber Asien muss sich eine Zukunft vorstellen, in der die Städte nicht dem Autowahn des Westens nachgeben und in der immerwährendes Wachstum nicht als einziges Rezept für Wohlstand und politische Stabilität gilt. In den vergangenen 100 Jahren hatte der Autobesitzer einen Freifahrtschein. Morgen sollte es heißen: Ihr wollt ein Auto? Bitte sehr. Aber ihr dürft nicht mehr umsonst den öffentlichen Raum beanspruchen und die Städte zerstören und Fußgängern das Leben schwer machen. Ab sofort zahlt ihr für die Umweltzerstörung, für die Luftqualität. Mit dem Geld lassen sich Alternativen finanzieren, zum Beispiel öffentlicher Nahverkehr.“

Und er schreckt auch nicht davor zurück, den Begriff „Verzicht“ zum Thema zu machen:

„Warum arbeiten unsere besten Köpfe (Entwicklungsingenieure in China und Indien – Anm. des Autors) daran, elektronisches Spielzeug billiger zu produzieren oder die Gewinne der Großbanken zu steigern, statt Strategien für den Umgang mit unserer kollektiven Zukunft zu erarbeiten? Bisher gilt das westliche Ökonomiemodell als eine Art universelle Wahrheit. Wir brauchen einen neuen Wissenskanon, in dem es um Gemeinwohl geht. Man ändert Gesellschaften durch neue Narrative, dadurch, dass man neue Dinge glaubt.”

Und stellt sich letztendlich auch der ganz großen Frage: Wie lassen sich Konsum-Sehn-süchte zurückdrängen und fundamentale Veränderungen á la Nair durchsetzen? „Mit strengen Regeln und starken Staaten. Regeln sind nicht schlecht, Regeln sind notwendig. Als man in Deutschland angefangen hat, Sicherheitsgurte vorzuschreiben, haben die Leute das nicht gemocht. Heute ist das kein Thema mehr. Heute sagt der Bürgermeister von New York: Die Leute essen zu viel Junkfood und trinken zu viel Kaffee. Selbst die USA fangen also an zu intervenieren und Leute von Dummheit abzuhalten.“ (Alle Zitate aus GEO 07/2014 S. 59 ff.)


Noch weiter geht Regine Hildebrandt wenn sie fragt: „Was wäre, wenn es plötzlich kein Geld mehr gäbe? Oh, wie die Themen sich verändern würden, wie man sich plötzlich liebte und verehrte, weil man auf die Kraft der Arme und den Erfindungsreichtum des Kopfes angewiesen wäre! Die Starken tragen die Schwachen. Und wenn sich dann der Himmel öffnen und es Geld regnen würde, bückten sich die Menschen nicht wie geistig verwirrt, sondern würden über diesen Spuk lauthals lachen.“ (Quelle: DIE ZEIT Nº 32/1999)


Alle, die sich intensiver mit der Frage der Umsetzung oben skizzierter Lösungsansätze befassen, kommen immer wieder zu der gleichen Schlussfolgerung: „Nicht auf die Technik, sondern auf den Menschen kommt es an. Seine Geisteshaltung zu verändern, ist die eigentliche Herausforderung“.

Änderung der Geisteshaltung heißt in diesem Zusammenhang:

  • Ausstieg aus der Logik der Maßlosigkeit und Gier.

  • Befreiung von persönlichen und gesellschaftlichen Zwängen.

  • Verzicht auf nicht unbedingt Notwendiges.

Reden wir also über: Weiterverwenden, Teilen, Reparieren, Tauschen, Weglassen, Umverteilen, Umnutzen, Verzichten, Nachdenken. Noch besser: Reden wir nicht darüber, sondern tun es!